2.7 Biopsien - Entnahme, Versand, Bearbeitung
Allgemeine Vorbemerkungen
Die histopathologische Diagnostik ist eine wichtige Methode zum Nachweis
krankhafter Veränderungen. Auch wenn sie bei chronischen Gelenkentzündungen
oft nur hilfreich zum Ausschluß sog. nichtrheumatischer Erkrankungen
ist (1), geht ihr Stellenwert aus einer Empfehlung des Berufsverbandes
Deutscher Pathologen (3) hervor. Danach soll die Indikationsstellung zur
histologischen Untersuchung grundsätzlich vom Operateur selbst getroffen
werden.
Im Prinzip gilt, daß jedes entnommene menschliche Gewebe histologisch
untersucht werden muß. |
Dies ist medizinischer Standard, denn die Erfahrung zeigt, daß
nicht selten gravierende und unerwartete Befunde an vermeintlich harmlosen
Operationspräparaten erhoben werden.
Angaben des Einsenders
Gewinne für die Diagnostik sind dann am größten, wenn die
morphologische Interpretation durch klinische und laborchemische Befunde
unterstützt wir (2). Ein begleitender Einsendeschein sollte deshalb
detaillierte Angaben zu folgenden Punkten enthalten:
-
klinische Verdachtsdiagnose,
-
begleitende Krankheitssymptome,
-
Krankheitsdauer,
-
relevante Laborparameter (unter Einschluß der Ergebnisse gleichzeitig
durchgeführter Untersuchungen der Synovialflüssigkeit),
-
ethnische Herkunft (falls erforderlich),
-
spezielle Fragen an den Pathologen.
Entnahme
Histologisch beurteilbar sind Biopsien, Gewebeproben, die bei arthroskopischen
Eingriffen gewonnen werden - auch kleine Gewebeproben eignen sich zur Charakterisierung
von Grundkrankheiten (5) - sowie Synovialektomiepräparate. Gewebeproben
von Knorpel und Knochen ergeben die Möglichkeit der Beurteilung von
Knorpelschädigungen und der Beteiligung des subchondralen Knochens;
eine Knochentuberkulose muß immer wieder ausgeschlossen werden.
Versand
Die Einsendung zum Pathologen sollte in einer so reichlichen Menge von
4 % gepuffertem Formalin erfolgen, daß das Gewebe in Formalin schwimmt.
Besteht klinisch der Verdacht auf eine Gicht, ist das Gewebe in absolutem
Alkohol zu konservieren, da nur dann Mononatriumurat-Kristalle auch histopathologisch
(z. B. in nichtgefärbten Schnittpräparaten) nachweisbar sind.
Eine Übersendung in Kochsalzlösung eignet sich nicht, das Gewebe
wird autolytisch. Abgesehen von der Tumordiagnostik wurden durch die Immunhistologie
keine wesentlichen diagnostischen Gewinne erreicht.
Bearbeitung
Bei großflächigen Operationspräparaten sollten von verschiedenen
Regionen bzw. unterschiedlich strukturierten Gewebeanteilen histologische
Präparate erstellt werden, z.B. aus flachen, fibrinbedeckten und villösen
Arealen. Die konventionelle Hämatoxilin-Eosin (HE)-Färbung liefert
im allgemeinen ausreichende Ergebnisse. Die Naphthol-AS-D-Chloracetat Esterase-Reaktion
zur Darstellung neutrophiler Granulozyten stellt eine brauchbare Methode
zur Beurteilung der Floridität synovialer Entzündungen dar.
Für die Bearbeitung von Knorpel und Knochengewebe ist es günstig,
kleine Knochen, wie sie von Finger- oder Fußgelenken stammen, sowie
auch operativ abgetragene größere Gelenkflächen bei Gelenkersatzoperationen
(z.B. Kniegelenk) 1 - 2 Tage in Säure zu entkalken. Das Gewebe ist
dann in einem weiteren Arbeitsgang schneidbar, das Lamellieren des entkalkten
Gewebes ergibt eine Übersicht über Knorpel und subchondralen
Knochen. Hüftköpfe sollten vor der Entkalkung mit der Säge
in Scheiben zerlegt werden; das Zerschlagen mit einem Hammer beeinträchtigt
die histologische Beurteilungsmöglichkeit. Die gewonnenen Scheiben
mit den wesentlichen pathologischen Substraten sind ebenfalls in Säure
zu entkalken. In speziellen Fällen, für nachfolgende histochemische
und immunhistologische Untersuchungen, wird eine Entkalkung in EDTA empfohlen.
Die konventionelle HE-Färbung liefert auch hier im allgemeinen ausreichende
Ergebnisse, eine semiquantitative Darstellung des Proteoglykangehaltes
des Knorpels ist mit der Safranin-O-Färbung möglich.
Entnahme und Versand von Muskelbiopsien (4)
Zunächst ist nach dem klinischen Aspekt die Auswahl eines deutlich
befallenen, aber noch nicht völlig atrophischen und verfetteten Muskels
wichtig. Die Entnahme soll durch einen mit der Technik vertrauten Operateur
erfolgen. Das Lokalanaesthetikum ist nicht in den Muskel hinein, sondern
nur in dessen Umgebung bzw. in die Haut zu infizieren. Verletzungen und
Quetschungen des Gewebes sind unbedingt zu vermeiden. Am besten wird zuerst
ein 3 cm langes, ca. 0,5 cm dickes Muskelbündel in der Verlaufsrichtung
der Muskelfasern in situ an zwei Enden an ein Holzstäbchen (steriler
Wattetupfer) gebunden, um die Orientierung der Muskelfasern zu erhalten.
Die Exzision erfolgt am Stäbchen und wird unmittelbar von der Fixation
gefolgt (6 % ige gepufferte Lösung von ca. 100 ml Glutaraldehyd, pH
7,4). -Ein gleichartiges Präparat wird in 4 % Formaldehyd fixiert
und zur Paraffineinbettung für lichtmikroskopische Untersuchungen
verwendet. Sollte eine enzymhistochemische Untersuchung geplant sein, so
muß ein gleichartiges Gewebe schockgefroren in flüssigem Stickstoff
zusammen mit Trockeneis versandt werden.
Literatur
-
Flechtenmacher J, Rohe K, Cotta H (1993) Ist die histopathologische Untersuchung
bei der klinischen Differentialdiagnose chronischer Arthritiden hilfreich?
Z Orthop 131: 32 - 36
-
Mohr W (1984) Gelenkkrankheiten. Diagnostik und Pathogenese makroskopischer
und histologischer Strukturveränderungen. Thieme, Stuttgart New York
-
Positionspapier zur Qualitätssicherung in der Pathologie (1991) Dt
Ärztebl 88: D3973 - 3974
-
Schröder J M (1995) Persönliche Mitteilung
-
Schulte E, Fisseler-Eckhoff A, Müller KM (1994) Differentialdiagnose
der Synovialitis. Korrelation von arthroskopisch-bioptischen zu klinischen
Befunden. Pathologe 15: 22 - 27