3.26 Chondrokalzinose

Synonyma

Calciumpyrophosphatdihydrat- (CPPD-) Kristallarthropathie, Pseudogicht

Definition

Der Begriff der Chondrokalzinose beinhaltet die klinisch und anatomisch nachweisbare Verkalkung des Gelenkknorpels. Die Calciumpyrophosphatdihydrat- Kristallarthropathie umfaßt alle klinischen Manifestationen, die mit der intraartikulären Kristallablagerung verbunden sind.

Das Krankheitsbild tritt in 3 Formen auf:

Tabelle 1 Verlaufsformen und Häufigkeiten der artikulären Chondrokalzinose
Verlaufsform Häufigkeit (%) Klinik
Pseudo-Arthrose 
 

Pseudogicht 
 

Asymptomatisch 
 

Pseudo- 
Rheumatoid-Arthritis 
Pseudo- 
Neuropathie 
Pseudo-Septikämie 
Pseudo-Meningitis 
Pseudo-Sponylodiszitis

50 
 

25 
 

20 
 

<1 

<1 
<1 
<1 
 

wie Gonarthrosen oder Arthrose anderer 
Lokalisation; zu je der Hälfte der Fälle mit 
bzw. ohne akute Entzündungsschübe 
akut o. subakute Mon- bzw. Oligoarthritis; 
oft Beginn in einem "Muttergelenk" (50% 
= Knie) und Übergang auf "Tochtergelenke" 
röntgenologischer Zufallsbefund in 
zunehmender Frequenz bei Personen über 
55 Jahren 
akute oder chronische Polyarthritis mit 
Morgensteifigkeit 
schnelle Destruktion großer Knochen- 
partie ohne neurologische Defekte 
Verlauf mit Fieber und Leukozytose 
Nackensteife, Fieber, akutes Zervikalsyndrom 
bei Lokalisation in anderen Wirbelsäulen- 
abschnitten

Diagnose

Sie wird röntgenologisch oder über den Kristallbefund gestellt. Laborparameter besitzen keinen diagnostischen Wert, ggf. sind die als Primärerkrankungen bekannten Störungen auszuschließen.
 
Röntgenbild

Der röntgenologische Nachweis von Knorpel-, seltener Weichteilverkalkungen ist sehr von den technischen Aufnahmebedingungen abhängig. Er ist im positiven Fall beweisend. Typisch sind lineare und punktierte, "monstranzartige" Verschattungen parallel zur Knorpeloberfläche in den Knie- und/oder Schultergelenken sowie gröbere schollige oder streifige Ablagerungen im Faserknorpel der Menisken, der Disci articulares, im Anulus fibrosus der Disci intervertebrales sowie in der Synovialmembran, der fibrösen Gelenkkapsel, in Sehnen und Bändern.

Kristallnachweis

Die sichere Identifizierung eines CPPD-Kristalles beweist die Diagnose, dies gelingt aber nicht in jedem Fall. Das wechselnde klinische Bild der Chondrokalzinose ergibt die Notwendigkeit, bei jeder diagnostisch unklaren Arthropathie nach Gelenkerguß zu fahnden, ihn abzupunktieren und polarisationsoptisch auf Kristalle zu untersuchen. Zur Unterscheidung von den Uratkristallen der Gicht siehe Tabelle 2.
 

Tabelle 2. Differenzierung zwischen Urat- und CPPD-Kristallen
  Uratkristalle CPPD-Kristalle
Form 

Größe 
Polarisation 
 

Nadelförmige, spitze oder 
abgerundete Stäbchen 
Meist über 10 nm 
Starke negative 
Doppelbrechung
Rhomben, Stäbchen mit 
rechteckigen Rändern 
Meist unter 5 nm 
Schwach-positive 
Doppelbrechung

Differentialdiagnose

Die Abgrenzung von der Arthritis urica erfolgt neben dem Kristallbefund durch die längere Anfallsdauer von 3 bis 4 Wochen oder den chronischen Verlauf, den vorwiegenden Befall größerer Gelenke und die nicht so prompte Reaktion auf Colchicin. Im übrigen sind Arthrosen, die Rheumatoide Arthritis und je nach Klinik weitere Arthro- oder Spondylopathien (reaktive, septische, neuropathische Arthritiden, akutes HWS-Syndrom) auszuschließen.
 

Literatur

  1. Dihlmann W (1987) Gelenke-Wirbelverbindungen. 3. Aufl, Thieme, Stuttgart New York
  2. Keitel W (1993) Differentialdiagnostik der Gelenkerkrankungen. 4. Aufl., Fischer, Jena